In der Fotografie gibt es leider viele Missverständnisse durch Unwissenheit, die zu falschen Aussagen führen. Ich möchte daher hier erst mal einige wichtige Dinge klarstellen.

 

Falsche Vorstellungen

Es gibt viele Hobbyfotografen die sich eine DSLR kaufen, weil Sie glauben, damit bessere Fotos zu machen. Sie vergleichen dann das mit der Vollautomatik gemachte JPEG Foto mit dem Foto vom Smartphone und sind oft enttäuscht von der DSLR, weil die angeblich keine besseren Fotos macht.
Eine DSLR ist so konstruiert, dass viele Aufnahmen mit einer Akkuladung gemacht werden können und auch viele Aufnahmen in einer kurzen Zeit hintereinander (Serienaufnahme). Das bedeutet die Kamera soll möglichst wenig Energie verbrauchen, was wiederum bedeutet der Prozessor soll möglichst wenig rechnen. Das Postprozessing mit der entsprechend aufwendigen RAW Nachbereitung ist also ausgelagert. Um die volle Bildqualität einer DSLR ausnutzen zu können müssen Sie nicht nur die Kamera richtig einstellen und die Fotos in RAW abspeichern, sondern auch noch den Postprozess mit dem RAW Entwickler selber durchführen.

Ein Smartphone ist so konstruiert, dass der Anwender möglichst einfach Schnappschüsse machen kann. Es wird also auf eine Belichtungsautomatik mit einem integrierten aufwendigen Postprozessing gesetzt. Das erzeugt bei vielen Situationen zwar ganz ansehnliche Fotos, aber alle Fotos sehen durch die Automatik irgendwie gleich aus. Die Bedienung ist so einfach, dass jeder das Bild machen kann. Das Bild hat daher keinen sehr hohen künstlerischen Wert, man spricht daher vom einem Schnappschuss. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einem Schnappschuss und einer Fotografie. Bei einer Fotografie müssen Sie Blende, Schärfe, Bildausschnitt usw. selber einstellen und das Bild muss einen entsprechenden künstlerischen Wert aufweisen. Eine Fotografie ist durch Gesetze besser geschützt, als ein Schnappschuss.

 

Falsche Kameraeinstellungen

Ein DSLR wurde dazu konstuiert, um künstlerisch wertvolle Fotografie erstellen zu können. Um qualitätiv perfekte Fotos erstellen zu können müssen sie sich mit der Kamera und dem RAW Entwicklungsprogramm auseinandersetzen. Viele glauben Sie können das JPEG Bild auch Nachbearbeiten, aber dass ist nur bedingt und mit hohen qualitätsverlusten möglich und damit auch nicht sinnvoll.

Was ist der Unterschied zwischen einen JPEG Bild und einer RAW Datei?

JPEG Datei RAW Datei
  • Vorgestellt im Jahr 1992
    Ein Dinosaurier aus der Anfangszeit des Internets

  • Ziel der Entwicklung vom JPEG Format, war es ein Foto mit so wenig Daten wie möglich darzustellen (Ausgabeformat für die Darstellung am Bildschirm)

  • Fertiges Bild mit Farbprofil (sRGB oder Adobe RGB)

  • 8 Bit / Kanal → 256 Farbtöne pro Kanal
    Es gibt also max. 256 rot Töne, 256 gelb Töne und 256 blau Töne!
    Foto mit 16.7 Millionen Farbtöne


  • Dynamikumfang 8,6 Blendenstufen
    Bei Jpeg Datei aus der Kamera wird der hohe Dynamikumfang der Kamera nicht voll ausgenutzt! Die Kamera wird damit regelrecht kastriert.

  • Nachträgliche Bildbearbeitung nicht wirklich möglich, da Falschfarben durch zu wenig Farbtöne entstehen

  • Dateiformat ist Verlust behaftet
    Bei jeder Speicherung wird das Bild schlechter
  • Proprietäres Dateiformat bis auf DNG

  • Ziel der Entwicklung war es, dass so viele Bildinformationen wie möglich gespeichert werden

  • RAW ist eine Zwischenstufe zum fertigen Bild (digitales Negativ)

  • 12 Bit / Kanal → 4096 Farbtöne pro Kanal bzw. 14 Bit / Kanal → 16384 Farbtöne pro Kanal
    Foto mit mehr als 68.7 Milliarden Farbtöne


  • Voller Dynamikumfang der Kamera (9 bis 15 Blendenstufen je nach Kamera)

  • Ermöglicht nachträgliche Änderung vom Weißabgleich, das Aufhellen von dunklen Stellen mit sichtbar machen von weiteren Details im Schattenbereich und die Bildbearbeitung ohne Farbtonabrisse

  • Zukunftssicher (Exportieren in neues Standard Bildformat mit größerem Dynamikumfang und Farbtiefe z.B. HEIF)

  • Altes RAW Bild kann mit einem neuen RAW Entwickler in verbesserter Qualität ausgegeben werden, als es früher möglich war

 

Um das Potential der Kamera voll ausnützen zu können müssen einige Dinge beachtet werden:

  1. Stellen Sie die Kamera auf das RAW-Format um

  2. Stellen Sie den Bildstil auf neutral ein

  3. Aktivieren Sie das RGB Histogram (nicht das weiße Helligkeitshistogram)

  4. Aktivieren Sie die Überbelichtungswarnung (Blinken bei der Bildwiedergabe)

  5. Deaktivieren Sie ggf. eine Dynamikerweiterung (bei Canon Kameras wird es Tonwert Priorität genannt). Diese Funktioniert nur mit JEPG Format gut zusammen.

  6. Stellen Sie die Belichtung der Kamera so ein, dass keine wichtigen Bildinformationen abgeschnitten werden. Werten Sie dazu das Histrogram der Kamera aus

PS:
Das Histogram der Kamera basiert auf der Auswertung des JPEG, dass in der RAW Datei eingebettet ist. Der eingestellte Bildstil wird auf das JPEG angewendet und hat damit Einfluß auf das Histogram. Damit das Histogram annähernd dem RAW entspricht, muss der Bildstil auf neutral gestellt werden. Wenn das Helligkeitshistogram (weißes Histogram) zur Beurteilung vom Foto verwendet wird, dann kann es sein, das Daten verloren gehen, obwohl das Histogramm auf der rechten Seite keinen Ausschlag zeigt. Dies ist oft der Fall wenn ein Farbton dominiert. Bei der blauen Stunde also der Blaukanal. Verwenden Sie daher im das RGB Histogram und achten darauf, dass möglichst keiner der Farbkanäle abgeschnitten wird.

 

Falsche Kontrolle der Belichtung

Die Digitalkamera hat gegenüber der analogen Kamera den großen Vorteil, dass wir das erstellte Bild direkt beurteilen können. Durch ansehen vom Bild über das Display können Sie allerdings nicht beurteilen, ob das Bild richtig belichtet wurde. Die Helligkeit vom Display kann man manuell bzw. wird bei einigen Kameras auch automatisch angepasst. Verwenden Sie daher zur Beurteilung, ob das Bild für die RAW Bearbeitung richtig belichtet wurde immer das RGB Histogram. Die Überbelichtungswarnung der Kamera hilft Ihnen dabei schnell ausgebrannte Stellen (Datenverlust) zu erkennen.
Ausgebrannte Stelle kann ein RAW Konverter nicht zurückholen! Dunkle Stellen im Bild kann man allerdings einfach aufhellen und Detail zurückholen.

Verwenden Sie das angezeigte Bild am Display zur Kontrolle der Bildkomposition und Bildschärfe. Wer sich Zeit nimmt kann über die Lupenfunktion vom Display sogar erkennen, ob das Bild leicht verwackelt ist.

 

Richtige Kontrolle am Display

  • Kontrollieren Sie bei jedem Bild das RGB Histogram. Sollten ausbrannte Stellen vorhanden sein (Außnahme sehr helle Lichtquellen wie z.B. die Sonne), dann korrigieren Sie die Belichtung und erstellen das Bild nochmal.

  • Überprüfen Sie am Display, ob die Bildkomposition gelungen ist. Falls möglich, sind eingeblendete Gitterlinien (2/3 Regel) eine sehr nützliche Hilfe.

  • Überprüfen Sie die Bildschärfe und Schärfentiefe über die Lupenfunktion vom Display. Insbesondere wenn Sie absichtlich einen Bereich unscharf machen möchten, ist diese Kontrolle sehr sinnvoll.

 

 

Der oft unbekannte, aber wichtige Dynamikumfang

Leihen bewerten Digitalkameras oft nur über Megapixel. Von dem oft wichtigeren Wert des Dynamikumfangs haben viele noch nichts gehört. Aber was ist der Dynamikumfang und warum ist der so wichtig?

Sowohl bei bewegten Bildern in Film und Video als auch in der Fotografie bezeichnet der Dynamikbereich den Quotienten aus größtem und kleinstem von Rauschen bzw. Körnung unterscheidbaren Helligkeitswert. Der Quotient wird üblicherweise im 2er-Logarithmus als Blendenstufen angegeben.
Vereinfacht ausgedrückt bezeichnet der Dynamikumfang den darstellbaren Bereich zwischen dunkelster (Schatten) und hellsten (Spitzlichter) Stelle. Um so größer der Dynamikumfang, umso besser kann die reelle Welt abgebildet werden. Der Dynamikumfang wird in Blendenstufen (EV) gemessen. Eine Blendenstufe bedeutet die doppelte bzw. halbierte Lichtmenge. Bei Kameras mit einem hohen Dynamikumfang kann man über das RAW Entwicklungsprogramm dunkele Stellen besonders gut und rauscharm aufhellen.

Eine Nikon D850 kann mehr als das sechsfache der Lichtmenge einfangen, wie eine Canon EOS 70D. Gerade in den letzten Jahren konnte die Kamerahersteller den Dynamikumfang verbessern (siehe Unterschied zwischen Canon EOS 70D und 80D).

Üblicher Dynamikumfang:

  • Farbdiafilm 5,6 EV
  • Einfacher Monitor 6,6 EV
  • Papierdruck 8,0 EV
  • JPEG Datei 8,6 EV
  • Farbnegativ Film, Profi Monitor 10 EV
  • Schwarz/Weiß negativ Film 14 EV
  • RAW Datei einer Digtitalkamera ca. 9-15 EV, stark von der Kamera abhängig
    - Canon EOS 70D → 11,6 EV
    - Canon EOS 80D → 13,2 EV
    - Nikon D850 → 14,8 EV
  • Menschliches Auge 19,9 EV
  • Reelle Welt ~ 23 EV

Stellen Sie sich mal vor Ihre Kamera könnte den Dynamikumfang der reelen Welt aufnehmen und Ihr Fernseher könnte den auch wiedergeben. Was würde passieren?

Sie müssten bei einer Tageslichtaufnahme mit starker Sonne die Sonnenbrille vor Ihrem Fernseher tragen und Gegenlichtaufnahmen könnten Sie garnicht ansehen, da die Sonne Sie zu stark blenden würde.

Einer der Hauptaufgaben eines RAW Entwicklungsprogramms ist es daher den hohen Dynamikunfang einer RAW Datei für die Wiedergabe am Fernseher/Monitor so natürlich wie möglich auf das notwendige Maß zu reduzieren.

dynamikumfang

 


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